RELAIS | 2017 | Installationsansicht Kunstverein Grafschaft Bentheim, Neuenhaus | lackiertes Holz, Neonzeichnung, Kegelkugel, Buchsbaum, Aquarell, Zitronen
Caroline Bayers raumgreifende und zugleich filigrane Installationen zeichnen sich stets durch einen engen Bezug zum Ausstellungsort aus. So ist auch ihre für die Ausstellung entstandene Arbeit „Relais“ eine intensive Recherche über die Geschichte des Kunstvereins Grafschaft Bentheim vorangegangen. Historische Dokumente wurden ausgegraben, gewälzt und untersucht. Fragmente eines alten Grundrissplans, verschiedene Phasen der Gebäudestruktur und Hinweise auf vergangene Nutzungsstadien wurden in eine raumgreifende Installation übertragen, die zeichnerische und bildhauerische Aspekte miteinander verbindet.
Die lineare Holzkonstruktion, das zunächst dominierende Element, lässt einen neuen Raum entstehen, der als abstrahierte Rekonstruktion einer ehemaligen Raumaufteilung zugleich eine historisch reale Gegebenheit widerspiegelt und damit die Grenzen zwischen Gegenwart und Vergangenheit miteinander verschmelzen lässt. Weitere Fundstücke, Objekte und Zeichnungen dienen als offensichtliche oder zunächst verborgene Verweise auf die bewegte Vergangenheit des historischen Gebäudes und eröffnen einen neuen Blick auf drei Epochen des Kunstvereins: So stellt der Titel der Arbeit einen Bezug zu der Zeit der Erbauung als Relaisstation Mitte des 18. Jahrhunderts her. Postkutschen konnten hier Reiter- und Pferdewechsel vornehmen und damit für eine schnellere Nachrichtenübermittlung sorgen. Unscheinbar an die Wand gelehnt, ist ein Plan der Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Grafschafter Relaisstationen zu sehen.
Auch in der nachfolgenden Phase als Hotel Albersmeier blieb das Gebäude Anlaufstelle für Reisende, die nun außerdem ein „Café im Freien“ nutzen konnten. Ein fragmentarischer Nachbau sowie ein Buchsbaum erinnern an diesen durch eine Bepflanzung abgegrenzten Freisitz auf dem Bürgersteig. Im letzten Jahrhundert beherbergte der heutige Kunstverein als Neuenhauser Hof Urlaubsgäste. Ein Aquarell zeigt die übereinandergelegten Grundflächen der Hotelzimmer im ersten Obergeschoss. Eine alte Kegelkugel verweist auf den rustikalen Charme dieser Periode, der beim Anblick des gegenwärtigen Gebäudeinneren kaum mehr vorstellbar ist.
Text: Lena Hartmann
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